Schon vor Monaten kam unser Chef zu uns: „Haltet euch bitte den 2. Juli frei.“ Was er denn mit uns vorhätte, wollten wir natürlich wissen. Da lehnte er sich grinsend zurück und erklärte: „Das wird schön!“
Damit konnten wir natürlich nicht viel anfangen und mehr war aus ihm auch nicht heraus zu kriegen. In den darauf folgenden Wochen wurde also viel und ausführlich spekuliert, denn wir sind ein neugieriges Volk und vor allem für Kollege Christoph und mich war es eine harte Zeit – Unwissenheit ist doof.
Schließlich war es jedoch so weit und wir trafen uns letzten Samstagmorgen gegen 9 in einer Straße mit schwer zu findender Hausnummer. Von dort ging es einige Schritte weiter in einen Hinterhof – wo sich eine kleine Tischlerei versteckte! Karsten Schillings und sein Kollege Martin warteten bereits auf uns und verrieten uns dann auch endlich, was auf dem Plan stand: Eigene Schneidebretter aus Hirnholz bauen. Ich wollte ja schon immer mal was mit Holz machen und freute mich dementsprechend sehr. Dass es dann –zumindest am Rande – auch noch etwas Kulinarisches war, fand ich großartig.
Drinnen bekamen wir Sicherheitsschuhe verpasst, dann ging es auch schon los. Karsten erzählte uns etwas über die verschiedenen Holzsorten, die auf einem großen Tisch lagen und zeigte „Farbproben“ dieser Hölzer. So genanntes Hirnholz hat die Eigenschaft, besonders robust zu sein, wodurch es sich natürlich prima für Holzbretter eignet, die man mit Messern traktiert. Kurioserweise werden die Messer dabei jedoch mehr geschont als bei normalen Brettern.Die größte Herausforderung gleich zu Beginn: Das Kreative
Am schwierigsten war es, sich aus diesem großen Angebot schöner Hölzer welche auszusuchen und diese dann in ansprechender Reihenfolge zu kombinieren. Wir legten die langen Holzrechtecke nebeneinander und achteten dabei auf den Anschnitt, denn dieser würde später nach oben zeigen und das Muster bilden.
Nach gut einer halben Stunde Hin- und Herschieben, Beraten, Austauschen und schließlich Entscheidungsfindung war jeder mit seinem Ergebnis zufrieden.
Das Leimen
Nun ging es ans Leimen der Hölzer. Nachdem Karsten es einmal gezeigt und vorgemacht hatte, war es kein Hexenwerk und so wurde gepinselt, gedreht, aneinander gedrückt und schließlich mit Klemm – und Schraubzwingen fixiert. Die erste Etappe war geschafft – Zeit für Frühstückspause, denn der Leim musste ja erst mal trocknen.
Wir wurden wunderbar verwöhnt an diesem Tag! Zum Frühstück gab es Kaffee mit Milchschaum, frische Brötchen, Croissants und Hefezopf, Schinken und Käse aus Westfalen und tolle selbst gemachte Marmeladen.Danach ging es gestärkt zurück ans Werk. Die Zwingen wurden gelöst, der überschüssige Leim abgekratzt und dann wurde gesägt. Quer zum Anschnitt und zu den Fasern der Hölzer sägten wir gleichmäßige Scheiben aus unserem geleimten Brett. Diese drehten wir einmal herum und hatten nun zum zweiten Mal die kreative Qual der Wahl: Welches Muster sollte entstehen?
In der gewählten Reihenfolge wurde dann zum zweiten Mal geleimt und fixiert. Zeit fürs Mittagessen! Es gab frisch gegrillte Burger mit herzhaft gewürztem Fleisch aus Westfalen, dazu selbst gemachte Saucen, eingelegte Gemüse und kross gebratenen Speck. Köstlich! Während des Essens gab Karsten Anekdoten aus seinem Berufsleben zum Besten und wir amüsierten uns prächtig. Generell war der Tag unglaublich heiter und sowohl Karsten als auch Martin sind total sympathische Leute, die auf lockere und humorvolle Art ihr Handwerk und Wissen vermitteln.Schweres Gerät
„Ein Großteil der Arbeit in der Schreinerei ist Schleifen“, erfuhren wir – auch am eigenen Leib. Das zum zweiten Mal geleimte Brett, das nun schon sein Muster erkennen ließ, wurde nun von allen Seiten hübsch gemacht. Die Seiten wurden geschliffen, die Flächen begradigt und dann ebenfalls geschliffen. Dazu kamen erst einmal große Maschinen zum Einsatz, die uns viel Arbeit abnahmen. Mehrmals wurden die großen Rollen aus Schleifpapier gewechselt und dann marschierten wir in Entenformation zur einen Seite, steckten unsere Bretter in das Ungetüm aus den 80er Jahren und trabten dann um die Maschine herum, wo wir sie wieder in Empfang nahmen. Nach jeder Runde wurde das Brett glatter und umso mehr wurde gestreichelt und bewundert.
Schließlich ging es wieder zu den Arbeitsplätzen und die Handarbeit begann.Das Kontemplative
Vier Schleifpapiere lagen bereit und jeder schnappte sich sein Schleifgerät und ließ es mit jedem Schleifpapier zweimal über jede Seite des Brettes gleiten. Nun merkten wir, was Martin gemeint hatte, als er sagte, Schleifen fände er so kontemplativ. Man schaltet ab oder denkt ruhig vor sich hin, während man mit dem Schleifer scheinbar endlose Bahnen über sein Holz zieht. Solch eine Arbeit erdet und beruhigt. Schneller zu arbeiten, bringt nichts – hier braucht alles seine Zeit. Und so war jeder ganz bei sich und seinem Werk, als wir mit dicken Ohrschützern auf dem Kopf unsere Bretter babypopoweich schliffen.
Das Ergebnis ließ sich sehen – und vor allem fühlen. Wie weich Holz sein kann! Und wie gut man auf einmal die Maserung sieht, wenn es so schön geschliffen ist!
Wir waren alle restlos begeistert von unseren Brettern und bewunderten ausgiebig unsere Ergebnisse.Die finale Ölung
Ganz zum Schluss kam sozusagen die finale Geburt der Werke: Die Holzbretter wurden mit Olivenöl zum Leben erweckt. Das war wie Licht anmachen, denn die Farben der Hölzer begannen urplötzlich zu leuchten. Ein unglaublicher Moment, indem das Brett zum Leben erwacht.
Wenn ihr nach Ideen für einen Betriebsausflug oder ein besonderes Geschenk sucht, kann ich nur jedem sehr ans Herz legen, Karstens Workshops zu buchen! Man kann mit dem studierten Pädagogen und Tischlermeister auch eigene Möbel bauen oder sich eigene Ideen verwirklichen lassen. Schaut mal bei ihm vorbei und lasst euch inspirieren.
Noch Tage nach diesem großartigen Workshop freue ich mich über diesen schönen Betriebsausflug und mein Schneidebrett.
Danke an alle Beteiligten für diesen fantastischen Tag!
Ich hoffe, ihr habt Lust bekommen, solch einen Tag auch einmal zu erleben und wünsche euch allen eine sonnige und genussvolle Woche!
Eure Judith ♥