Kartoffelsuppe nach Omas Art


Gestern war hier Dampfnudeltag. Eine Freundin und ich wollten schon lange einen kulinarischen Kulturaustausch machen – sie bereitete badische Dampfnudeln zu, also süß mit Karamell, ich die salzige Version aus der Pfalz.
Dazu gab es schaumige Vanillesoße nach ihrem Rezept. Meins findet ihr hier bei der Roten Grütze. In der gestrigen Version wurde das Eiweiß steif geschlagen und unter die Vanillesoße gehoben, so wurde sie fluffig und war nicht mehr so flüssig.

Natürlich braucht man auch Esser, wenn zwei große Portionen Dampfnudelteig verarbeitet werden, also luden wir Freunde zum Kaffee ein und verköstigten sie mit frischem Hefegebäck aus der Pfanne.
Unsere Teige waren übrigens fast identisch, lediglich die Form der Dampfnudeln war anders und eben auch die Zubereitung. Zum Schluss kombinierten wir Karamell mit Salzwasser und fanden die neue Version mit Salzkaramell fast am besten.

In der Pfalz essen wir zu unseren Dampfnudeln entweder auch Vanille- oder Weinschaumsoße oder eine herzhafte Kartoffelsuppe. Die kochte ich gestern Vormittag – nur leider zu wenig, um sie unseren zahlreichen Gästen anzubieten. Aber auch so wurden alle mehr als satt, also war das nicht schlimm.

Die Suppe habe ich als Kind immer mit meiner Oma gekocht und aus dem Gedächtnis rekonstruiert. Im Prinzip ist sie sehr simpel und schnell gemacht.
Oma drehte das gekochte Gemüse durch die Flotte Lotte oder strich alles durch ein grobes Sieb, ich habe den Mixstab genommen. Vermutlich nahm sie mehr Sahne, aber ca. 150 ml reichen völlig aus.
Meine eigene Note kam in Form der Senfsamen und der gerösteten Mandelblättchen dazu, die ich zurzeit so liebe, dass ich sie überall verwende, wo sie irgendwie passen.
Ihr könnt natürlich auch gehackte Petersilie, geröstete Kerne oder Croutons darüber streuen.

Für 4-6 Personen:
1 kg Kartoffeln
2 große Karotten
1 kleine Stange Lauch
1 große rote Zwiebel
1-2 Knoblauchzehen
1 EL Öl oder Butterschmalz
Gemüsebrühe
2 Lorbeerblätter
1 TL Senfsaat
Ca. 150 ml Sahne
Salz, Pfeffer
Muskatnuss
Geröstete Mandelblättchen

Das Gemüse waschen, schälen und in grobe Stücke schneiden.
Die Zwiebel und den Knoblauch schälen und würfeln bzw. hacken. Das Fett in einem großen Topf erhitzen und die Zwiebel mit dem Knoblauch darin anbraten. Lorbeer und Senfsaat dazugeben, dann das Gemüse zufügen. Soviel Brühe angießen, dass das Gemüse gerade bedeckt ist und alles bei schwacher Hitze köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist.
Die Lorbeerblätter herausnehmen und alles mit dem Mixstab pürieren, dann die Sahne zufügen und die Suppe mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.
Die Suppe auf Teller verteilen und geröstete Mandelblättchen über jede Portion streuen.

Draußen stürmt es hier gerade nicht schlecht, also der perfekte Moment für eine wärmende Suppe oder ein herzhaftes Sonntagsmahl. Ich hoffe, ihr macht es euch heute schön und habt ein genussvolles Restwochenende!
Eure Judith




Rote Beete-Kartoffel-Suppe mit Meerrettich (vegan)


Rote Beete-Kartoffel-Suppe mit Meerrettich (2)Vor dem Urlaub wurde bei uns systematisch der Kühlschrank leer gekocht. Inspiriert von meinen Suppen-Tagen neulich, habe ich eine rote Beete, Schmand und Kartoffeln zu einer Suppe verarbeitet, die ich schon lange mal ausprobieren wollte.
Naschkater und ich lieben Meerrettich und haben uns angewöhnt, immer eine geschälte Stange der scharfen Wurzel im Tiefkühler zu haben. Natürlich geht irgendwann Aroma verloren, wenn sie lange gefroren ist, aber frischer und kräftiger als Meerrettich aus dem Glas ist er trotzdem. Beete und Meerrettich passen super zusammen, also kam letzterer auch noch in die pinke Mahlzeit und gab ihr eine wunderbare frische, leicht scharfe Note.Rote Beete-Kartoffel-Suppe mit Meerrettich (3)

Für 2-4 Portionen:
2 Zwiebeln
2 EL Rapsöl
1 große rote Beete
3-4 sehr große Kartoffeln
1 gr. Apfel
1 L Wasser
2 TL Gemüsebrühpulver
1 TL getr. Dill
2 gestr. TL gem. Kreuzkümmel
1 gestr. TL Salz
viel frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
frisch geriebener Meerrettich *
2 EL Schmand/ vegane Sahne oder Frischkäse
2-3 TL frischer Zitronensaft

* So viel, dass man eine leichte, angenehme Schärfe und das Aroma schmeckt. Ich habe 5 gehäufte TL genommen. Zur Not geht natürlich auch Meerrettich aus dem Glas, am besten ohne Sahne.

Das Öl in einen großen Topf geben. Die Zwiebeln schälen und würfeln. Die Kartoffeln waschen und wie die rote Beete auch schälen und würfeln. Den Apfel waschen und in Achtel schneiden.
Das Öl erhitzen, die Zwiebeln anbraten, dann die Gewürze (außer das Salz und den Meerrettich) zugeben. Das Gemüse und den Apfel hinein geben und alles umrühren, dann mit Wasser aufgießen und bei milder Hitze gar köcheln lassen.
Den Meerrettich hinein reiben, Salz und Zitronensaft dazu geben und die Suppe cremig fein pürieren. Noch einmal abschmecken mit Pfeffer, Salz, Zitrone und Meerrettich.
Zum Servieren nach Belieben noch einen Klecks Schmand oben drauf geben.Rote Beete-Kartoffel-Suppe mit Meerrettich (1)

Natürlich hoffe ich, dass nicht nur wir auf Kreta ordentlich Sonne und sommerliche Temperaturen hatten, sondern der Sommer jetzt auch in der Heimat keine Abstürze mehr erlebt und dann habt ihr vielleicht keine Lust auf eine heiße Suppe.
Aber wer sagt, dass Suppe immer brühend heiß sein muss? Eine lauwarme oder auch eine kühle Suppe kann es doch auch mal sein, man denke nur an die kalte spanische Gazpacho.
Farblich passt diese Suppe auf jeden Fall perfekt in den Frühling, findet ihr nicht auch?

Ich wünsche euch fabelhafte und genussreiche Junitage!
Eure Judith

 




Unkomplizierter Sonntags“braten“: Tafelspitz mit Meerrettichsoße, Kartoffeln und Salat


Hallo ihr Lieben,
heute gibt es ein Rezept für ein echtes Sonntagsfestmahl. Wir essen ja eher wenig Fleisch und wenn, dann wollen wir möglichst gutes auf dem Teller haben, von gesunden, hoffentlich glücklichen Tieren. Was bedeutet, sie sollten artgerecht gehalten (soweit eben möglich) und ohne Antibiotika aufgezogen worden sein.
Wir kaufen also beim Metzger unseres Vertrauens, der persönlich jede Woche seine Waren beim Hofladen im Nachbarort meiner Eltern anbietet.
Diesen Sonntag gab es mal wieder etwas besonders Feines: Tafelspitz. Den mag sogar meine Ma gerne, die einige Fleischsorten ganz verschmäht, da kann es noch so biologisch sein.

Tafelspitz mit Meerrettich2Tafelspitz ist ein wunderbar einfaches Gericht. Man lässt das Fleisch zwei Stündchen vor sich hin simmern, kocht am Ende die Soße und die Kartoffeln – und hat ohne viel Aufwand ein fürstliches Essen.
Wir hatten dazu einen Salat aus Zuckerhut und Radicchio. Eine leicht bittere Geschichte also, die aber wunderbar schmeckt, vor allem mit Kürbiskernöl dazu. Heutzutage essen wir ja kaum noch bittere Sachen, dabei sind gerade die so gesund und gut für die Verdauung. Die Italiener wissen das eher noch, sie essen gerne Radicchio im Salat oder kochen sogar damit. Ich finde, solche herben Komponenten sind eine tolle Vorspeise, die den Magen öffnen für kommende Leckereien.

Die Meerrettichsoße machen wir – wie sollte es anders sein – mit frisch gemahlenem Vollkorndinkelmehl. Man kann auch einfach Weißmehl nehmen, aber so ist es zum einen gesünder, zum anderen finden wir die leicht nussige Note sehr lecker, die dieses Mehl allem verleiht. Und natürlich kommt uns nur frisch geriebener Meerrettich in die Soße! Das macht einen himmelweiten Unterschied und ich kann nur jedem dazu raten, die Gläschen links liegen zu lassen! =)

Tafelspitz mit Meerrettich1Für 4 Personen:

1 Stück Tafelspitz oder ein Bürgermeisterstück, ca. 1 kg
2 Lorbeerblätter
4 Wachholderbeeren
4 Pfefferkörner

Kartoffeln für 4 Personen, wenn möglich kleine

20 g Butter
2 EL (Vollkorndinkel-) Mehl
¼ L Milch
40 g frisch geriebener Meerrettich
(evtl. etwas mehr oder weniger)
etwas Rinderfond
Saft einer halben Zitrone
Salz, Zucker, Pfeffer

Das Fleisch abwaschen und in einen großen Topf legen. Die Gewürze dazu geben und mit Wasser auffüllen, so dass das Fleisch bedeckt ist.
Langsam aufkochen lassen, dann den Herd klein stellen. Das Fleisch soll  nicht kochen, sondern 2 Stunden lang vor sich hin simmern.
Nach etwa anderthalb Stunden die Pellkartoffeln aufsetzen und gar kochen.
Für die Soße die Butter schmelzen lassen, das Mehl einrühren und unter Rühren kurz rösten lassen. Mit der kalten Milch ablöschen und fleißig rühren. Ein paar Minuten köcheln lassen, damit sich der Mehlgeschmack verliert. Etwa eine Kelle vom Kochwasser des Tafelspitz unterrühren.
Mit einer Prise Zucker und dem Zitronensaft abschmecken, eventuell salzen und pfeffern, und dann den frisch geriebenen Meerrettich einrühren.

TIPP: Wer etwas empfindlicher bei Schärfe ist, rührt erst zwei Drittel unter und probiert. Manchmal ist die Wurzel schärfer, manchmal sehr mild – also am besten vorsichtig dosieren und herantasten. =)

Das Fleisch in Scheiben schneiden, die Kartoffeln pellen und alles zusammen anrichten. Dazu passt gut ein Salat, als Vorspeise oder Begleitung.[nurkochen]

Ich finde die Idee des Sonntagsbratens ja wunderbar. Generell wird in unserer Gesellschaft viel zu viel Fleisch konsumiert – völlig selbstverständlich liegt täglich Tier in Form von Wurst oder Fleisch auf den Tellern. Dass solche Produkte nur in großen Massentierhaltungen produziert werden können, unter furchtbaren Bedingungen, machen sich viele offenbar nicht klar. Wenn man schon ein Tier schlachtet und isst, sollte es meiner Meinung nach etwas Besonderes sein. Besonders als Anlass, wie eben einmal in der Woche zum Familienessen, und besonders gut in der Zubereitung.
Was gibt es außerdem schöneres, als sich mit der ganzen Familie um den Tisch zu versammeln und gemeinsam ein ganz besonderes Essen zu genießen, auf das man sich vielleicht schon die ganze Woche gefreut hat? =)

Tafelspitz mit MeerrettichIn diesem Sinne, lasst uns den alten und glücklicherweise wieder auflebenden Trend des Sonntagsbratens weiter pflegen!
Wisst ihr schon, was es kommendes Wochenende bei euch gibt?
Habt auf jeden Fall eine genussvolle Zeit,
eure Judith




Ofenforellen mit Butterkartoffeln und Rahm-Schwarzwurzeln


Forelle im Ofen, Schwarzwurzeln u KartoffelnFisch hat in meinem Leben selten eine Rolle auf dem Speiseplan gespielt. Wieso? Ich bin da nicht so reingewachsen. Bei uns zuhause gab es fast nie Fisch, denn mein Pa hat seit seinen 20ern eine Fischeiweißallergie. Also gab es nur ab und zu mal einen Thunfischsalat oder eine geräucherte Forelle, wenn wir Mutter-Tochter-Abend hatten und Pa mit seinen Jungs unterwegs war.
Wenn man eine Zutat fast nie verwendet, vergisst man dann einfach, dass es sie gibt und auch nach meinem Auszug von Zuhause habe ich fast nie Fisch gekocht, weil ich einfach nie daran gedacht habe. Sehr schade, denn Fisch ist was ganz Feines und gesund ja noch dazu. Ich liebte den selbst panierten Fisch meiner Oma mit Kartoffelsalat dazu, den ich bei ihr in den Ferien genießen konnte. Demnächst möchte ich dieses Rezept auch mal für euch nachkochen… =)

Aber heute gibt es eine einfache und leckere Forelle mit Zitrone aus dem Ofen. Inspirierend wie der Markt immer für mich ist, habe ich sie auf dem Münstermarkt gesehen und zu meiner Freude auch noch festgestellt, dass sie aus einem Ort ganz in der Nähe kommen. Und so bereicherte seit langem mal wieder Fisch unseren Speiseplan. Dazu gab es Schwarzwurzeln, die ich in der Mensa früher immer so geliebt, aber noch nie selbst gekocht habe. Ich hatte mal gehört, dass die so schleimen beim Kochen und dass es eine riesige Schweinerei ist.
Meine erste Berührung mit den Stangen ergab jedoch: sie lassen sich ohne Probleme schälen, schneiden, kochen und von Schleim gab es bei mir keine Spur! Rühmliche Ausnahme oder wird da immer übertrieben? Dieses Gemüse wird auf jeden Fall noch mal gekocht und somit weitere Erfahrungen gemacht werden. Vielleicht habt ihr ja auch schon Schwarzwurzeln zubereitet und könnt über eure Erfahrungen berichten?

Forelle im Ofen, Schwarzwurzeln u Kartoffeln1Dieses Gericht jedenfalls ist total einfach und unglaublich lecker. Es braucht eben keine aufwendigste Sternenküche – gerade die bodenständig-einfachen Sachen schmecken sooo gut! =)

Für 2 Personen:

2 frische, regionale Forellen (ausgenommen und geputzt)
1 Zitrone
Salz, Pfeffer

2-4 Schwarzwurzeln
1 geh. TL Gemüsebrühpulver
Sahne/Schmand oder Sojasahne
etwas Zitronensaft
Salz, Pfeffer
1 Bund Frühlingszwiebeln (das Weiße)

4 größere Kartoffeln
2 EL Butter
1 Bund Frühlingszwiebeln (das Grün)

Die Forellen abspülen, trocken tupfen und in eine leicht geölte Auflaufform geben.
Den Ofen auf 180 °C Umluft vorheizen. Die Fische innen und außen leicht salzen und pfeffern. Die Zitrone waschen, in Scheiben schneiden und diese leicht überlappend in die Fischbäuche schichten. Die Form mit Alufolie abdecken und so verschließen. In den Ofen geben.

Die Kartoffeln schälen und in gleichmäßige Stücke schneiden. Mit ausreichend gesalzenem Wasser gar kochen. Das Grün der Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden.
Das Wasser abgießen und Butter und Frühlingszwiebeln dazu geben. Die Kartoffeln darin schwenken.

Die Schwarzwurzeln schälen und leicht schräg in Scheiben schneiden. Das Weiße der Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden. Wurzeln und Zwiebelringe mit etwas Wasser und Gemüsebrühpulver in einen Topf geben und bei schwacher bis mittlerer Hitze weich dünsten. Dann Sahne/Schmand/Sojasahne angießen. Zum Schluss mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.
Alles in Servierschüsseln geben und auftischen oder direkt auf Tellern anrichten und genießen.[nurkochen]

Forelle im Ofen, Schwarzwurzeln u Kartoffeln2Kommt bei euch regelmäßig Fisch auf den Tisch? Und wenn ja, in welcher Form? Ich freue mich, wenn ihr mich an euren Zubereitungsarten teilhaben lasst. Vielleicht inspiriert es mich zu häufigerem Fischkochen! ;)

Habt eine genussvolle erste Woche im neuen Jahr!
Eure Judith




♥ Blogevent ♥ Kartoffelpuffer, Gießkannenwein & die Operette von der Wilden Sau


Kartoffelpuffer5Heute gibt es, als Ouverture des neuen Jahres sozusagen, eine Erinnerung von mir an die Ferien bei meinen Großeltern, die ich mal zu diesem Gericht aufgeschrieben hatte. Darin verpackt ist eine weitere Anekdote meiner Oma, die sie mir beim Kochen erzählt hat. Da meine liebe Omi nun seit einer ganzen Weile im Betreuten Wohnen lebt, geben wir dieses Frühjahr ihr Haus in andere Hände, was für mich einen Abschied von einem Ort voller Erinnerungen bedeutet. Hier kommt eine von ihnen:

Fast jedes Mal, wenn ich als Kind bei meinen Großeltern zu Besuch war, machten meine Oma und ich Kartoffelpuffer, oder „Grumbeerpannekuche“, wie man in der Pfalz dazu sagt. Opa und ich liebten sie und wenn ich sie in der Pfanne mit Hingabe so richtig knusprig und goldbraun gebraten hatte, ging ich tief befriedigt aus der Küche und war beim Essen selig.

Kartoffelpuffer1Wie immer begannen wir damit, dass etwa eine halbe Stange Lauch geputzt und in feine Streifen geschnitten wurde. Während Oma mit ihrem kleinen Messer vor sich hinschnippelte, schlug ich zwei Eier in die orangene Plastikschüssel, die ihrem Muster nach aus den Siebzigern stammt und gab eine gute Prise Salz dazu. Das Ganze würde mit dem Lauch eine Weile ruhen.
„Brauchen wir noch was aus dem Keller? Ich gehe jetzt mal die Kartoffeln und Zwiebeln holen.“ „Eine Flasche Rotwein kannst du noch mitbringen, Opa trinkt ja gerne ein kleines Gläschen zum Essen.“
Tatsächlich konnte man Opas Gläschen Wein nur als medizinische Dosen bezeichnen, denn er trank stets nur 0,1 cl. Ob er es auch aus medizinischen Gründen tat, weil man ihm früher nach diversen Herzinfarkten gesagt hatte, ein wenig Rotwein täglich sei gut fürs Herz, oder ob er ihn lediglich zu seinem Genuss trank, konnte ich nicht sagen. Fest stand jedoch, dass solch ein Gläschen niemals schaden konnte, dachte ich, als ich die Kellertreppe hinunterstieg.
Der Keller meiner Großeltern war für mich immer eine eigene Welt gewesen. Er bestand wie das Haus auch aus einem langen Flur und es gab neben dem Heizungsraum einen Waschraum mit Waschmaschine, Bügeltisch und einem alten Küchenschrank, in dem allerlei alte Töpfe, ein ausgedientes Service und geheimnisvolle Küchenutensilien lagerten, deren Bedeutung ich als Kind erfragen musste, weil es sie in den Küchen meiner Generation nicht mehr gab. Ich liebte diesen Schrank und stöberte jedes mal darin herum, wenn ich Oma zum Bügeln begleitete. Der dritte Raum war fast leer, nur eine Kiste mit Koffern stand darin und ein altes Trimmdich-Rad, das mein Opa sich aus Gesundheitsgründen angeschafft hatte- und das sicher fast unbenutzt war, auch wenn es mittlerweile wohl 30 Jahre dort sein Dasein fristete. Mein Ziel war der vierte Raum, der Trockenraum, in dem an mehreren den Raum überspannenden Leinen Wäsche aufgehängt wurde und wo Vorräte wie Kartoffeln, Zwiebeln und Eingemachtes lagerten. Dort suchte ich ein paar schöne große Kartoffeln aus dem kleinen Holzverschlag neben der Tür, der aussah wie ein grober Holzkomposter und wo man neu gekaufte Säcke einfach hineinkippen konnte. In der anderen Ecke suchte ich eine dicke Zwiebel und einen Rotwein aus und überflog kurz die Gläser im Regal, um zu prüfen, ob wir Obst kaufen mussten. Es war noch genügend von allem da, was mich mit Befriedigung erfüllte.
Bei den Großeltern zu sein war für mich stets gleichbedeutend mit Überfluss gewesen. Wie es sich gehörte, gab es hier immer genügend Süßigkeiten, leckere gekochte Sachen, die ich zu Hause nie bekam und meist wurde mir all das auch noch liebevoll von meiner Oma gebracht, ohne dass ich einen Finger rühren musste, was ich manchmal schon fast als unangenehm empfand, selbstständig wie ich eigentlich war. Andererseits hatte ich hier jedoch schon seit ich denken konnte ganz selbstverständlich im Haushalt mitgeholfen und ich liebte es, mit Oma zu kochen, die Betten zu machen und im Keller die Wäsche auf- und abzuhängen und danach zu bügeln. Bei ihr hatten all diese häuslichen Aufgaben einen besonderen Reiz und teilweise haftete ihnen, wohl aufgrund der Umgebung in dem Bungalow der sechziger Jahre und seiner entsprechenden Einrichtung, ein Hauch von Zeitreise an.

Kartoffelpuffer4Mit der Rückkehr aus dem Keller kehrte ich zugleich aus meinen Erinnerungen zurück und in der Küche machten wir uns daran, die Kartoffeln und Zwiebeln zu schälen und beides in der Küchenmaschine zu reiben, die Oma mittlerweile zusammengebaut hatte. Das Gemüse wurde zu den Laucheiern gegeben und Oma fügte noch ein bis zwei Esslöffel zarte Haferflocken hinzu. „Den Tipp hat mir mal eine Frau gegeben, die ich in der Kur kennen gelernt habe, als ich mit Opa dort war. Die Puffer werden dann noch viel knuspriger, meinte sie.“ Das erzählte sie jedes Mal, wenn sie diese letzte Zutat einrührte. Den Teig ließen wir dann stehen und schöpften nur hin und wieder die sich ansammelnde Flüssigkeit aus der Schüssel ab (weil wir jedes Mal vergaßen, die geriebenen Kartoffeln in einem Sieb abtropfen zu lassen), während der würzige und leicht erdige Geruch von Lauch und rohen Kartoffeln in der Luft hing.
In wachsender Vorfreude auf das leckere Mittagessen hüpfte ich durch die Küche und fühlte mich wie ein kleines Mädchen. „Hach, was geht’s uns gut heute, oder?“ fragte ich strahlend. Grumbeerpannekuche waren immer ein Festmahl.
„Das kannst du laut sagen! Und was wären wir erst im Krieg froh gewesen über so was! Das waren schlimme Zeiten!“ Wie so oft genügte ein einziges Stichwort, um Oma innerhalb einer Sekunde in die Vergangenheit zu befördern und sie irgendeine Geschichte von damals erzählen zu lassen. Gespannt hüpfte ich auf die Arbeitsfläche, stützte meine Hände hinter mir auf und spitzte die Ohren.
„Vor allem gegen Ende des Krieges war es schlimm. Wir hatten zwar Essensmarken, aber viel gab es nicht mehr dafür. Wobei wir ja noch Glück hatten, anderen ging es viel schlechter.“ „Und ihr wart auf der Schwäbischen Alb und wurdet nicht mehr bombardiert, oder?“ warf ich ein. „Genau, wir waren in Tuttlingen bei Onkel Karl und da kamen ja dann die Franzosen und haben die Stadt eingenommen. In unserem Haus sollte dann eine Infirmerie untergebracht werden und die Soldaten sagten uns, wir müssten alle raus. Aber wohin sollten wie denn? Also ist meine Cousine zum Offizier gegangen und hat ihm unsere Lage erklärt. Er war ganz beeindruckt von ihrem guten Französisch und so durften wir bleiben, unter der Bedingung, dass meine Mutter und meine Tante bei ihnen in der Küche helfen würden.“ „Na, das ist ja ein kleines Übel, oder?“ „Oh ja, das war unser Glück. Es war unglaublich, was die Franzosen alles weggeworfen haben! Wenn das Brot einen Tag alt war, haben die das nicht mehr gegessen und wir haben alle Reste eingesammelt und konnten so noch Freunde mitversorgen. Sogar Wein konnten wir sammeln. Ich sehe ewig, wie mein Onkel Karl ihn in eine Gießkanne goss und die dann über die Straße trug, damit es nicht auffiel.“
Ich schmunzelte und stellte mir einen Mann mit einer Blechgießkanne vor, wie man sie damals sicher gehabt hatte und wie er dann so bei Freunden den Wein weiterverteilte. Mein Blick fiel neben mir auf die Schüssel und ich rührte den Teig um. Diese Bewegung holte Oma kurz zu unserer Aufgabe zurück und sie stellte eine Pfanne auf den Herd und gab eine Portion Butterschmalz hinein, das sofort anfing, in eine glänzende Pfütze zu zerschmelzen. Für die fertigen Pfannkuchen holte ich ein Plätzchengitter aus dem Schrank und legte mehrere Blätter Küchenpapier darauf aus. Dann band ich mir die Schürze um und stellte mich mit einem Löffel bewaffnet vor dem Herd in Position, bereit, in die heiße Pfanne drei bis vier Fladen zu streichen.
„Und deine Mutter und deine Tante haben dann die Franzosen bekocht?“ fragte ich, während ich den ersten Löffel Teig in die Pfanne gab. Sofort breitete sich ein herrlicher Duft in der Küche aus.
„Bis auf uns mussten ja alle Bewohner im Haus ausziehen und die Besatzer haben es genutzt. Nebenan war dann die Küche und meine Mutter und Tante Gretchen haben jeden Tag drüben mitgearbeitet. Da gab es einen Soldaten, ich glaube er hieß George, der hatte einen Narren an uns gefressen. Mir hat er Avancen gemacht, aber davon wollte ich nichts wissen. Ich hab immer abwehrend die Hände hochgerissen, wenn er in meine Nähe kam und hab zu ihm gesagt `Bleib´mer drei Schritt vum Leib!`. Er hat das sicher nicht genau verstanden, aber er hat es dann immer nachgemacht und gerufen `Attention, attention! Drei Schritt vum Leib!`. Und Musik mochte er so gern. Er wollte immer, dass Onkel Karl auf seiner Ziehharmonika spielt und singt. `Opa, du spielen!` sagte er immer. Ich seh´es ewig vor mir. Onkel Karl saß auf dem Küchenstuhl und kündigte an: `Meine Damen und Herren, Sie hören nun die Ouvertüre zur Operette von der Wilden Sau.` und dann legte er los.“
„Und wie ging diese Operette?“ fragte ich grinsend. Oma besann sich kurz, dann fing sie an zu singen:
Siehste net die Wutz im Garten
Wie sie wuhlen tut mit ihrer Schnut?
Im Salat und den Tomaaaaten
Wie es ihr hat wohlgetut!“

Ich brach in Gelächter aus und hätte fast versäumt, die erste Ladung Pfannkuchen rechzeitig heraus zu nehmen. Ich legte sie auf das Küchenpapier, tat etwas neues Schmalz in die Pfanne und gab die nächsten vier hinein. Während sie auf der einen Seite zu bräunen begannen, drehte ich die fertigen auf dem Gitter um, so dass auch auf dieser Seite das Fett noch etwas aufgesaugt werden konnte. Gleich konnten wir den ersten probieren und wenn Opa in einer halben Stunde von seinem morgendlichen Spaziergang käme, könnten wir direkt essen.
Plötzlich musste ich lachen. „Oma?“ „Ja?“ „Vor lauter Quatschen haben wir vergessen, den Apfelbrei zu kochen!“

Kartoffelpuffer3Omas Kartoffelpuffer
2 Eier
½ Stange Lauch
Salz/ Pfeffer
ca. 10 mittelgroße Kartoffeln
1 dicke Zwiebel
2 EL (zarte) Haferflocken

Die Eier in eine Schüssel schlagen. Den Lauch putzen und die Blätter einmal längs halbieren, dann quer in feinste Streifen schneiden. Mit Salz und/oder Pfeffer zu den Eiern geben und verrühren.
Die Kartoffeln schälen und reiben. Die Zwiebel ganz fein würfeln.
Alternativ beides durch die Küchenmaschine jagen und raspeln.
Die Masse in einem Sieb eine Weile abtropfen lassen. Dann zu der Eimasse geben, die Haferflocken hinzu geben und alles gut verrühren. Abschmecken. (Wer rohen Teig nicht probieren mag, backt erst einmal einen kleinen Puffer, probiert den und würzt dann den Teig nach.)
In einer Pfanne mit heißem Butterschmalz zu goldbraunen Puffern ausbacken.
Am besten heiß servieren und (selbst gekochtes) Apfelmus dazu reichen.[nurkochen]

KartoffelpufferDas letzte Mal haben wir dieses Rezept von Oma dieses Weihnachten gemacht – in unserer Paellapfanne im Hof, bei mildem Frühlingswetter, im Pulli ohne Jacke. Ich bin sicher, nicht wenige haben an den Feiertagen sogar gegrillt… =)

Kartoffelpuffer2Habt einen genussvollen Jahresbeginn,
eure Judith