Zeitreise in die 50er: Mokkatörtchen

Ich glaube, meine Leidenschaft fürs Kochen und Backen wurzelt zum Großteil in den Besuchen bei meiner Oma. In meiner Kindheit waren diese Wochen das größte Glück für mich. Meine Großeltern lebten in einem großen Bungalow, den mein Opa in den 60er Jahren selbst gebaut hatte, und in dem es viel zu entdecken galt. Eingerichtet war er natürlich im Stil des damaligen Jahrzehnts und auch in der Küche und dem Keller fanden sich viele Überbleibsel aus früheren Zeiten, seien es nun Schüsseln mit großen Blüten aus den 60ern oder alte, massive Bügeleisen im ausgedienten Küchenschrank im Keller, die mit Sicherheit noch um einiges älter waren. Selbst der Kleiderschrank meiner Oma war eine einzige Zeitreise, denn sie sortierte niemals Kleidung aus (es war ja alles noch gut) und so machte ich hin und wieder eine Modenschau mit mir selbst und drehte mich in Kleidern aus den 50er Jahren vor dem Spiegel.
Rückblickend waren auch viele Gerichte, die ich dann immer mit Oma zusammen kochte, kulinarische Zeitreisen. Heute würde man keine Butter-Mehl-Schwitze mehr in eine Bohnensuppe rühren und auch Eier in Senfsoße waren in den letzten Jahrzehnten nicht wirklich angesagt (in letzter Zeit leben solche Rezepte ja ein bisschen wieder auf). Wir hielten uns die meiste Zeit in der Küche auf und ich liebte es, dort herum zu kramen. In einer Schublade entdeckte ich eines Tages zwei alte Koch- und Backbücher aus den 50er Jahren. Eines davon heißt „Backen macht Freude. Handbuch der Hausbäckerei von Dr. August Oetker“. Die Seiten sind vergilbt und die Hälfte der wenigen Fotos ist schwarz-weiß, einige Seiten sind jedoch in Farbe gedruckt.Ich liebe solche Bilder aus diesen Jahrzehnten, in denen der Wirtschaftswunder-Wohlstand nach den mageren Kriegsjahren Sahne und Butter im Überfluss ermöglichte. Sahne und Butterkrem (im Buch wird sie tatsächlich so geschrieben) wurden reichlich eingesetzt und neben mächtigen, fett-strotzenden Torten muten die Mokkatörtchen, die mir ins Auge sprangen, geradezu harmlos an. Für die schlanke Linie sind sie dennoch nichts, denn auch in ihnen versteckt sich Butterkrem. Wert sind sie die Sünde aber allemal! Und ich finde, schon der Anblick versetzt einen in die Zeit unserer Großeltern.

Für 10-15 Törtchen:

Teig:
250 g Mehl
50 g Speisestärke
15 g Kakao
1 TL Backpulver
75 g Zucker
1 Ei
1 EL Milch oder Wasser
125 g Butter oder Margarine

Mokkakrem:
¼ l Milch
20 g gemahlener Kaffee
½ Päckchen Vanillepuddingpulver
50 g Zucker
100 g Butter (oder Margarine)

Guss:
100 g Puderzucker
15 g Kakao
1-2 EL heißes Wasser
2 EL zerlassene Butter oder Margarine

Deko:
Einige gehackte Mandeln oder fein gehackte Mandelblättchen

Die Milch mit dem Kaffeepulver erhitzen und eine Weile stehen lassen, dann durch ein Sieb gießen, mit Milch oder Wasser auf ¼ Liter ergänzen und abkühlen lassen.

Mehl, Backpulver, Kakao und Stärke in eine Schüssel sieben. In eine Vertiefung in der Mitte das Ei, den Zucker und die Butter in Stückchen geben und alles zu einem glatten Teig verkneten. Am besten eine zeitlang kühl stellen.

In dieser Zeit die Butterkrem herstellen. Den Großteil des Milchkaffees zum Kochen bringen. Einige Esslöffel davon mit dem Puddingpulver und dem Zucker anrühren. Diese Mischung in die kochende Milch geben und einmal kurz aufkochen lassen, so dass der Pudding bindet.
Dann abkühlen lassen. Dabei immer wieder umrühren, so dass sich keine Haut bilden kann. Oder eine Klarsichtfolie direkt auf die Oberfläche des Puddings legen. Die Butter abwiegen und Raumtemperatur annehmen lassen.

Dann den gekühlten Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche möglichst dünn ausrollen und mit einer runden Form (Durchmesser etwa 8 cm) Kekse ausstechen und auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen.
Währenddessen den Ofen auf 180 Grad Umluft vorheizen. Die Kekse dann 10-15 Minuten backen, bis sie leicht goldbraun sind. Auf einem Gitter abkühlen lassen.

Die Butter für die Krem schaumig rühren und mit dem Pudding vermengen, so dass eine glatte Butterkrem entsteht. (Weder Fett noch Pudding sollten zu kalt sein, sonst gerinnt die Krem.)
Die Hälfte der Kekse mit der Butterkrem bestreichen (nicht ganz bis zum Rand, sondern ein paar Millimeter frei lassen) und einen weiteren Keks darauf setzen und leicht andrücken.

Alle Zutaten für den Guss miteinander verrühren und die Oberseite der Törtchen damit bestreichen. Zum Schluss den Rand mit den Mandeln bestreuen.

Den Tipp aus dem Kochbuch kann ich nur bestätigen: „Damit der Krem besser durchziehen kann, läßt man die Mokka-Törtchen am besten einen Tag stehen“ – im Kühlschrank, versteht sich. Vor dem Genießen einfach eine halbe Stunde Raumtemperatur annehmen lassen.

Im Rezept stand, der Teig ergebe ca. 20 Törtchen, also 40 Kekse. Bei mir waren es etwa halb so viele, keine Ahnung, wie dünn ich den Teig hätte ausrollen sollen. Versucht es einfach so dünn wie möglich, er geht ja beim Backen auch noch ein bisschen auf!

Ich hoffe jedenfalls, ihr habt Lust bekommen, mal was aus den 50er Jahren zu backen und vielleicht habt ja auch ihr noch alte Kochbücher von eurer Oma oder Mutter, in denen ihr ähnlich tolle Sachen findet! =)
Habt ein genussvolles Wochenende!
Eure Judith

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8 Gedanken zu „Zeitreise in die 50er: Mokkatörtchen

  1. Ingrid

    Mokkatörtchen! Davon schwärmte mein Mann all die Jahre. Er hat sie als Kind auch immer zum Geburtstag bekommen. Nun ist er 70 geworden und ich habe ihm Mokkatörtchen gebacken. welch eine Freude!

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    1. Naschkatze Artikelautor

      Liebe Ingrid, das freut mich total zu hören! Vielen Dank für deine schöne Nachricht. Kulinarische Kindheitserinnerungen sind die allerschönsten! :) Alles Liebe für euch!

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  2. Heidi

    Ich bin Jahrgang 1958 und seit meinem 10. Geburtstag backte meine Mama immer genau diese Mokkatörtchen für mich! Das war das tollste Geschenk. Und die gab es nirgendwo sonst in unserem Verwandtenkreis, wir haben sie als ein Geheimnis betrachtet :-) Meine Mutter lebt nicht mehr und jetzt hat meine Tochter das Backen (und Omas altes Rezept) für sich entdeckt und schenkt mir diese Mokkatörtchen immer zum Geburtstag. Dieses Stück Nostalgie möchte ich nicht missen.

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    1. Naschkatze Artikelautor

      Liebe Heidi, das ist ja eine wunderschöne (und sooo leckere) Familientradition! Vielen Dank, dass du diese Geschichte mit uns teilst! Ich freue mich, dass deine Tochter so gerne backt und die Tradition weiterführt! Nostalgische Grüße für euch beide!

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  3. Sophie

    Hallo, ich habe das alte Backbuch irgendwann zufällig auf dem Flohmarkt gefunden und liebes es sehr. Gerade backe ich zum zweiten Mal die Mokkatörtchen und wollte sehen, ob ich die Einzige bin, die diese nostalgische Bäckerei so fasziniert. In den neueren Auflagen von Backen macht Freude fehlen nämlich viele der alten Rezepte völlig oder sind stark verändert (mehr Zucker, mehr Fett…). Schon ganz oft habe ich den Mohn-Rührkuchen aus dem Buch nachgebacken, in meiner gusseisernen Gugelhupfform vom Sperrmüll. Meine Eltern sind beide Mitte der 50er geboren und sagen, dass die Kuchen aus dem Buch wirklich wie früher schmecken. :)
    Besonders charmant und ein aus heutiger Sicht unvorstellbares Relikt sind für mich auch die Zutaten-Alternativen, die immer mit angegeben werden, für Zeiten des Mangels. Online habe ich gesehen, dass das Buch vor wenigen Jahren als Reprint wiederveröffentlicht worden ist, falls das hier jemand liest und auch Freude daran haben könnte. :)

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    1. Naschkatze Artikelautor

      Liebe Sophie, das ist ja wunderbar, dass du das Buch auch so liebst und so gerne Rezepte daraus backst! Ich liebe es, darin zu Schmökern. Klasse, dass du deine Eltern in frühere Zeiten versetzen kannst mit dem Mohnkuchen. Da würde ich jetzt auch ein Stück nehmen… ;) ganz liebe Grüße! Judith

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  4. Ulrike

    Bei mehr Keksen wäre jeweils weniger Füllung und Guss in und auf den Keksen, hätte das denn gereicht? Von den Bildern her sieht das Verhältnis Creme zu Keks gut aus, auch wenn man wahrscheinlich bei bisschen Probleme beim Zerteilen hat. Aber nach einem Tag im Kühlschrank ist das sicher auch besser.

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    1. Naschkatze Artikelautor

      Liebe Ulrike, ich hatte etwas Creme übrig und habe sie eingefroren, es hätte also noch für ein paar mehr Kekse gereicht. Was das Essen angeht: Ich denke, deswegen heißt es, man soll sie durchziehen lassen. Knusprige Kekse machen das natürlich schwer, aber nach einer Nacht ziehen waren sie wunderbar weich und gut zu essen! =) Der Guss für oben drauf ist schnell angerührt, falls die erste Menge nicht reichen sollte. Von so was mache ich lieber etwas zu wenig als zu viel, weil sich solche Reste nicht gut aufheben lassen. Ich hoffe, du probierst sie mal aus und wünsche dir gutes Gelingen und viel Naschgenuss! ♥

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